
Sexualität und Psyche – Fachtagung in DER WOLFSBURG
Videobeiträge online!
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Über den Einfluss von Religion und Kirche auf Sexualität und Psyche diskutierten Expert:innen aus Medizin, Psychologie und Kirche in der katholischen Akademie Die Wolfsburg in Mülheim. Die renommierte Fachtagung „Sexualität und Psyche“ wurde erstmalig in und mit der Wolfsburg durchgeführt. Wegen Corona im Online-Format.
Die Spannungen zwischen Sexualität und Religiösität standen im Fokus der Fachtagung „Sexualität und Psyche“, die das „Walk In Ruhr – Zentrum für Sexuelle Gesundheit und Medizin“ (WIR) erstmalig in Kooperation mit und in der katholischen Akademie Die Wolfsburg in Mülheim durchführte. Mehr als 80 Expert:innen aus Psychologie, Theologie, Medizin und Kirche, aber auch Sexarbeiter:innen und Vertreter:innen der Aidshilfe tauschten sich am Freitag und Samstag über „Glaube, Liebe, Sex“ aus. So lautete in diesem Jahr der Untertitel der Tagung in ihrer zehnten Auflage. Aufgrund der Corona-Pandemie fand die Veranstaltung online statt.
Akademiedirektorin: Es braucht einen schonungslosen Dialog
Dass das Thema Sexualität in unserer Gesellschaft noch immer mit vielen Denk- und Sprechtabus belegt sei, nannte der Leiter des WIR, Prof. Dr. Norbert Brockmeyer, das „Grundübel“, aus dem viele sozialen Missstände und psychische Probleme überhaupt erst erwachsen würden. Akademiedirektorin Dr. Judith Wolf wünschte sich zu Beginn der Tagung einen „offenen und schonungslosen Dialog“, um genau dieser Sprachlosigkeit zu begegnen.
Theologe Müller: Sexualität als „Geschenk Gottes“ anerkennen
Der Theologe und Psychotherapeut Dr. Wunibald Müller lud in seinem Keynote-Vortrag dazu ein, Sexualität als „Geschenk Gottes“ anzuerkennen und verantwortungsvoll ins Leben zu integrieren. Es sei höchste Zeit, die Schieflage zu korrigieren, die die Kirche über Jahrhunderte durch einseitige Unterdrückung und Abwertung von Sexualität konstruiert habe, sagte Müller. Kirche habe „viel Schuld auf sich geladen, in dem sie die Sexualität immer wieder in den Turm sperren wollte“, sagte Müller.
Beziehungsethik statt Sexualmoral
Die Arbeitsgruppe „Sexuelle Identität und Sexualmoral“ des Bistums Essen schloss an die Überlegungen Müllers an und empfahl die Weiterentwicklung einer aus der Zeit gefallenen Sexualmoral hin zu einer auf Freiheit und Verantwortung basierenden Beziehungsethik, die alle Menschen einschließt und wertschätzt.
Generalvikar Pfeffer: Priestertum muss „auf den Boden“ geholt werden
In der virtuellen Podiumsdiskussion zum Thema „Sexueller Missbrauch als kirchliche und gesellschaftliche Herausforderung“ fand der Generalvikar der Ruhrbistums, Klaus Pfeffer, klare Worte: Mit Blick auf die Ergebnisse der MHG-Studie forderte er, dass das „Priestertum auf den Boden geholt“ werden müsse. Damit wies Pfeffer auf die Gefahren von Machtmissbrauch und spiritueller Überhöhung hin, die mit dem Amt verknüpft sein können. Ausdrücklich begrüßte er die Idee einer Frauenordination und lobte die Arbeit und das Teamklima in gemischtgeschlechtlichen Gruppen: „Das würde alles verändern!“
Die Tagung „Sexualität und Psyche“ wurde von Prof. Brockmeyer und seinem Team, bestehend aus Dr. Armin Bader, Arne Kayser und PD Dr. Adriane Skaletz-Rorowski, vor zehn Jahren erstmals konzipiert, damals noch unter dem Titel „HIV und Psyche“. Im Laufe der Jahre weitete sich der Fokus derart, dass die Tagungsreihe einen neuen Titel bekam. Inzwischen hat sich die Tagung zu einem anerkannten und interdisziplinär ausgerichteten Fachkongress entwickelt, bei dem aktuelle Fragen zum Verhältnis von Sexualität und Psyche erörtert werden. Die nächste Tagung findet am 4. und 5. Februar 2022 in der Wolfsburg statt.
Den Beitrag von Dr. Wunibald Müller finden Sie hier.
Das Video zur Podiumsdiskussion können Sie hier abrufen.
