Festung Europa?

DIE WOLFSBURG machte die europäische Asyl- und Flüchtlingspolitik am Montag, 15. November, zum Thema ihres Studientages, den sie in Kooperation mit pax christi Diözesanverband Essen und dem Diözesanrat der katholischen Frauen und Männer im Bistum Essen veranstaltete. Neben illegalen Pushbacks und der Europäischen Grenzschutzagentur Frontex stand vor allem der aktuelle Konflikt zwischen der EU und Belarus im Vordergrund der Diskussionen.

DIE WOLFSBURG machte die europäische Asyl- und Flüchtlingspolitik am Montag, 15. November, zum Thema ihres Studientages, den sie in Kooperation mit pax christi Diözesanverband Essen und dem Diözesanrat der katholischen Frauen und Männer im Bistum Essen veranstaltete. Neben illegalen Pushbacks und der Europäischen Grenzschutzagentur Frontex stand vor allem der aktuelle Konflikt zwischen der EU und Belarus im Vordergrund der Diskussionen.

„Die Europäische Asyl- und Flüchtlingspolitik hat nie richtig funktioniert“

Die Europaabgeordnete und Sprecherin des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres, Birgit Sippel, sprach live aus Brüssel zugeschaltet über die aktuellen Verhandlungen und Vorhaben der Europäischen Union in Bezug auf das derzeitige Asylsystem. Statt Abschottung brauche es mehr Solidarität unter den Mitgliedstaaten, legale Zugangswege und eine Ausweitung des Resettlement, damit Menschen für eine Chance auf Schutz eben nicht auf Schlepper angewiesen sind, so die Sozialdemokratin. Auf die katastrophale Situation an der polnisch-belarussischen Grenze verweisend fügte sie hinzu, dass die Instrumente, dem zynischen Missbrauch von Menschen und der Spaltung Europas entgegenzutreten, vorhanden seien – diese müssten aber auch genutzt werden. Sollte abermals keine Mehrheit für ein gemeinsames, menschenwürdiges Asylsystem zustande kommen, setzte sie auf eine Lösung mit einigen der 27 Mitgliedstaaten. Es stehe nichts Geringeres als die Integrität der EU als Wertegemeinschaft auf dem Spiel.

„Seenotrettung darf nicht kriminalisiert werden“

Heute werde die zivile Seenotrettung im Mittelmeer stark behindert, dabei habe die Europäische Union 2015 noch selbst mit dem Gedanken gespielt, einen sicheren Seeweg für Geflüchtete zu organisieren und hierfür Schiffe bereitzustellen, sagte Liza Pflaum, Vorstandsmitglied des Vereins United4Rescue – Gemeinsam Retten e. V. Die Entwicklung der folgenden Jahre habe sich fortwährend verschlechtert: behördliche Hindernisse und Blockaden erschwerten zusehends die Arbeit der Organisationen und Vereine. Das Recht auf Seenotrettung wurde immer weiter beschnitten, so die Aktivistin. Sie warnte zudem vor der Instrumentalisierung der Bilder an der polnisch-belarussischen Grenze durch das rechte politische Spektrum und kritisiert fehlende Solidarität mit den Migrant:innen. Dies beginne bereits im Wording, wenn Migrant:innen etwa als „hybride Bedrohungen“ bezeichnet werden. „Das sind Familien mit Kindern!“, gab Pflaum zu bedenken.

„Standard der Humanität nicht preisgeben“

Während der Vorstellung des Gemeinsamen Migrationswortes der Kirchen „Migration menschenwürdig gestalten“ (HIER zum Nachlesen), an dem die Direktorin des Instituts für Christliche Sozialwissenschaften der Universität Münster, Professorin Marianne Heimbach-Steins, mitwirkte, hob sie die Dimension der Sozialethik als migrationsethischem Kompass hervor. Vor allem die Entwicklung des letzten Jahrzehnts, die durch eine gefährliche Erosion des Multilateralismus und des internationalen Wertegerüsts bezüglich Migration geprägt war, mache das Angebot eines ethischen Kompass‘ notwendig. Dieser vermag einen Weg aufzuzeigen, die Errungenschaften gemeinsamer internationaler Anstrengungen in Sachen einer Politik der Menschenwürde und der Menschenrechte wertzuschätzen und politisch am Leben zu halten. Ein solches Angebot gebe das Gemeinsame Kirchenwort.

Grenzerfahrungen – 70 Jahre nach der Genfer Flüchtlingskonvention

Unter dem Titel „Grenzerfahrungen – Wie Europa gegen Schutzsuchende aufrüstet“ rahmte die von pax christi, Pro Asyl und der EAK entwickelte Ausstellung den Studientag und unterlegte die Vorträge und Diskussionen mit Daten, Zahlen und Fakten zum aktuellen Migrationsgeschehen an den EU-Außengrenzen. Hintergrundinformationen zur Ausstellung finden hier. Für die Ausstellung selbst klicken Sie bitte hier.

HINWEIS: Hören Sie hier unseren Akademie-Podcast zu Belarus: Gesellschaft in Bewegung – Belarus‘ Ruf nach Freiheit